LITERATUR

Vier Jahrzehnte literarisches Leben

Im Frühling vor vierzig Jahren betrat Berthold Dirnfellner erstmalig mit eigenen literarischen Texten die Bühne der kulturellen Öffentlichkeit. Von dieser Bühne heraus ging er nicht nur Wege auf den Hauptstraßen des Klanges der Erzählliteratur. Gemeinsam mit seiner romanhaften Begleiterin Yulia Ghezzi erschafft er neue eigene Wege, um das Literarische, den ästhetischen Raum der Literatur, lebendig und empfindbar werden zu lassen. 

"Mich animiert das Offene der Texte von Berthold Dirnfellner, sie verweben verdichtete Atmosphären mit einem Fließen von Rhythmen und Farben geschriebener Landschaften und Szenen, werden körperlich und berühren das Fühlen. Ich lese und erspüre diese literarischen Texte jedes Mal neu, wenn ich sie auf der Bühne darstelle, spreche. Das Ein- und Ausatmen bekommt eine ganz neue Bedeutung, weil es seinen eigenen Fluss sucht..." 
(Verena Ronique)  

Berthold Dirnfellner schreibt nicht die geläufigen Erzähltechniken, er wählt bislang noch nicht geschriebene Wege der Sprache, verlässt deren gesicherte Ufer, um aus dem stürmischen Meer der Schrift noch unentdeckte Inseln hervorzuschreiben. Sein Roman ‚Yulia Ghezzi' von 1996 ist das radikale Experiment, Sprache aus sich selbst sprechen zu lassen. Eine lineare Ordnung einer erzählten Geschichte hat er hier ganz bewusst draußen gelassen. Bilder und Miniaturen verschiedener Bewusstseinsmomente, Augenblicke des Ereignens, Sprachflüsse und stilistische Extravaganzen scheinen wie zufällig aufzutauchen und zu verschwinden: "Wenn du das Buch aufschlägst, tritts du in einen Dschungel ein." (A. Nixdorf, Frankfurter Rundschau).  

Jedoch hat Berthold Dirnfellner in den vergangenen vierzig Jahren das literarische Leben im Frankfurter Westen nicht nur mit eigener Literatur und Feuilleton-Artikeln (FAZ, Neue Presse, FR) inspiriert, mit den Veranstaltungsreihen ‚Literarischer Nachthimmel',  ‚Die Elementar-Philosophie der Vorsokratiker' oder ‚Klassiker Europas' und seiner aktuellen Inszenierungen des ‚Literarischen Ozeans' und des Lese-Festivals ‚Frankfurt liest ein Buch' im Neuen Theater Höchst gestaltet Berthold Dirnfellner Räume für die Kommunikation über Literatur und das literarische Leben.  
Seine ‚Höchster Literatur Werkstatt'  war für viele hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Beginn literarische Texte neu und anders zu lesen und der Anfang die eigene Sprache im Schreiben zu finden, im Schreiben zu Reisen hinein ins Unbekannte unserer Fantasie, unterzutauchen in einem gedichteten Glanz des Unheimlichen letzter Sommer verblühender Narzissen.

Höchster Kreisblatt vom 6.10.2022: